Kühling-Gillot & Battenfeld Spanier – Nachdenken statt jammern

„Ach, wäre ich nur Winzer geworden“, stöhnte bei einer Verkostung einmal ein älterer Herr, der im juristischen Gewerbe tätig war. „Oh ja“, meinte der anwesende Winzer süffisant, „da wartet man das ganze Jahr im Garten neben dem Weinberg sitzend darauf, dass die Trauben reif werden, dann steht man mal auf, erntet ein wenig und schon hat man wieder genug zu trinken für das nächste Jahr …“ Einige in der Gruppe nickten versonnen, andere lachten wissend.

Selbst als Top-Winzer muss man sich permanent etwas einfallen lassen und ein Top-Winzerpaar wie Carolin Kühling-Gillot und H. O. (Oliver) Battenfeld Spanier leidet selten unter Langeweile. Carolin erreiche ich mittags im Auto, als sie von einer Verkostung kommt. „Ich fahre gerade auf das Weingut“, sagt sie, „ich schaue mal, wo Oliver ist.“ Ein Mitarbeiter meint, er sei im Weinberg, ein anderer vermutet ihn im Keller. „Ich hätte ein paar Fragen zum Thema Dry Farming“, spreche ich ins Telefon. Schließlich wird das Handy hin und her gereicht nd vermutlich auf einem der Fässer abgelegt. Wir telefonieren über die Lautsprecher- Funktion und es hallt eindrucksvoll.

Ich stelle meine Fragen: „Neulich hattest du mir doch erzählt, dass ihr Dry Farming macht – was ist das denn jetzt schon wieder?“ „Was heißt hier jetzt?“, fragt H. O. amüsiert, „das mach ich schon seit 18 Jahren.“ Ja, diese unwissenden Händler. „2003“, ergänzt Carolin Kühling-Gillot, „da war vor allem der Rote Hang unten in Nierstein komplett verbrannt. Da haben wir kaum was rausgeholt und der Ertrag war eher mittelmäßig, regelrecht ausgetrocknet.“ Oliver Battenfeld Spanier erinnert sich: „Hier oben auf den Kalkböden bei Hohensülzen ging das noch, da ist die Wasserführung eine andere. Gedanken haben wir uns daher erstmal keine großen gemacht. Ausnahmejahr halt.“ Aber ein Jahr später waren dann zwei Landwirte und Winzer aus Israel zu Gast bei Carolin und H. O.. Die beiden Landwirte beklagten sich über das trockene Jahr zuvor. „Ach“, meinte die Gruppe, „Wie viel regnet es denn bei euch?“ „Na, in so einem trockenen Jahr vielleicht 400 Liter.“ Lautes Gelächter in der Gruppe. Trockenes Jahr, schon klar. „Hört mal, wir bauen Wein und Gemüse in der Wüste an. Hört auf zu jammern!“

Entscheidungen selbst fällen einerseits, zurücknehmen andererseits – wie passt das zusammen? Friedrich Keller sieht da keinen Widerspruch. Nur dadurch, dass er nah am Wein dran ist und jede Entscheidung von ihm selbst getroffen wird, kann er sich voll im Wein einbringen. Seit 2016 ist er im Weingut, das war sein erster Jahrgang. Und er hat mit der Zeit gelernt, dass er zwar den Wein begleiten kann, aber nicht so sehr beeinflussen, wie man sich das vielleicht ausmalt. „Zum Beispiel muss man begreifen, wo man hier ist. Die Lagen um uns herum, die ganze Landschaft – das ist alles Vulkan, das beeinflusst den Wein und alle Entscheidungen im Weinberg.“ Das meint Friedrich Keller, wenn er sagt, dass er sich auch mal zurücknehmen muss. Die Bedingungen annehmen, die ihm der Kaiserstuhl stellt.

Bei Kühling-Gillot und Battenfeld Spanier ist Jammern wirklich keine Kernkompetenz und daher wurde bei der Umstellung auf biodynamischen Anbau nicht nur viel über den Pflanzenschutz, die Mondphasen und Bodenvitalität nachgedacht, sondern auch über das Wassermanagement. „Man könnte ja auf die Idee kommen, einfach Wasserleitungen zu legen und eine Tröpfchenbewässerung einzuführen“, erzählt Carolin und ihr Partner fährt fort, „aber das entspricht nun überhaupt nicht dem Gedanken des nachhaltigen und naturnahen Anbaus. Außerdem war uns damals schon klar, dass wir Strategien brauchen, wenn Wasser zu einem raren Gut wird. Wir stellten uns die Frage, ob es dann Sinn macht, das Wasser in die Weinberge zu kippen – vor allem, wenn es auch anders geht!“

Kühling_Battenfeld

Natrülich bringt schon die Umstellung auf Biodynamie ein deutlich besseres Wassermanagement, aber es gibt eben noch mehr Stellschrauben. Ein Ansatz klingt erstmal einfach: Stroh. „Das bringen wir im Frühjahr kniehoch in die Weinberge ein, decken damit den Boden ab und dann geschieht Erstaunliches“, erzählt der Winzer. „Das Stroh und die darunter liegende Begrünung verrotten langsam und es entsteht Humus, also frischer, vitaler Boden, der Wasser gut speichern kann. Außerdem verhindert dieser Boden bei steigenden Temperaturen die Verdunstung und wenn es richtig heiß wird, ist es unter dem Stroh lauer.“ Carolin Kühling-Gillot beschreibt das genauer: „Wenn du im August im Rothenberg ein Thermometer an den Schiefer hältst, dann hast du schnell mal 75 Grad, aber wenn du einen Stein unter dem Stroh nimmst, sind das mindestens 30 Grad weniger, das macht viel aus.“

Laubwandmanagement ist auch so ein Thema. Die Lehrmeinung dazu lautet, dass man hoher Sonneneinstrahlung mit viel Laub begegnen sollte, damit die Trauben nicht verbrennen. „Quatsch“, meint das Paar unisono dazu, „viel Laub heißt auch viel Verdunstung, und vor allem bekommt die Traube rasch viele Nähstoffe, jedenfalls so lange ausreichend Wasser da ist, und reift viel schneller.“ Und wenn das Wasser weg ist, dann eben nicht mehr, das ist klar. Erwünscht ist aber eine lange und gleichmäßige Reifeperiode. Also wird bei den beiden schon früh viel Laub rausgeschnitten, „dadurch erreichen wir eine natürliche Verrieselung (dies bedeutet, dass nicht alle Blüten zu Beeren werden), was den Ertrag mindert und die Trauben lockerer macht. Die Trauben werden außerdem frühzeitig an die Sonne gewöhnt“. Was ist in diesem Zusammenhang mit „gewöhnt“ gemeint? Es heißt ja nicht umsonst Reberziehung. „Schattenanbau“, widerspricht Oliver Battenfeld Spanier, „nun ja, du müsstest schon eher Pergola- Erziehung machen, dann hättest du Schatten …“ „Die Sonne wandert ja“, wirft Carolin Kühling-Gillot lachend ein, „auch bei uns ist am Morgen Schatten und nachmittags knallt die Sonne dann auf die Trauben.“

Dass Weinbau nicht einfach ist, merke ich in Gesprächen mit unseren Winzerinnen und Winzern oft. Für komplexe Probleme gibt es keine Patentlösungen und Weinbau hat immer mit viel Arbeit zu tun. Ich frage, wie viel Arbeit das Dry Farming konkret bedeutet: „Was macht das aus pro Flasche Wein, kann man das sagen?“ Natürlich hat Oliver Battenfeld Spanier sich das schon ausgerechnet: „Wir machen das in der perfekten Ausprägung in unseren besten Lagen. Im Steilhang ist das natürlich etwas aufwendiger als in den flacheren Lagen, aber so über alles komme ich da auf ca. 2,50 € pro Flasche.“ „Nur für den Zusatzaufwand des Dry Farmings?“, frage ich verdutzt zurück. „Klar!“, ist seine Antwort. Ich bin ein wenig schockiert und denke daran, dass der Durchschnittspreis für eine Flasche Wein in Deutschland irgendwo bei drei Euro liegt. Spitzenwinzerinnen und -winzer warten nicht nur darauf, dass Trauben reifen, sie sind den ganzen Tag damit beschäftigt, dass sie auf die perfekte Art und Weise reif werden. ab

 

 

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