
Die Lega del Chianti war erst einmal nichts anderes, als ein Verteidigungsbündnis, das den Einfluss von Florenz in der südlichen Toskana sichern sollte. Die Städte Baliaccia, Monte Luco, Castellina, Radda und Gaiole sammelten sich unter einem Wappen, das einen schwarzen Hahn trug, der wohl Wachsamkeit und Wehrhaftigkeit zugleich darstellen sollte. Mit der Zeit wurde das Wehrbündnis überflüssig, der Name blieb der Region aber erhalten und wurde immer stärker auch mit dem Wein identifiziert. Cosimo Medici, der ansonsten ziemlich unfähige, vorletzte Großherzog der Toskana, erließ 1716 einen Erlass, in dem er so etwas wie eine geschützte Herkunftsbezeichnung für den Chianti-Wein einführte. Vielleicht das Einzige, dem aus seiner Regierungszeit dauerhafter Erfolg beschieden war.
Anfang des 20. Jahrhunderts war der Ruf des Chianti so gut, dass man sich dazu entschloss, möglichst viele Toskaner daran teilhaben zu lassen. 1932 wurde die Region mal eben verachtfacht. Das eigentliche Chianti wurde in Chianti Classico umbenannt und fast verdoppelt, dann kamen noch die Unterregionen Montalbano, Rufina, Colli Fiorentini, Colli Senesi, Colli Aretini, Colline Pisane und 1987 Montespertoli, so wie einfach generischer Chianti hinzu. Zusammen gut 21.000 Hektar. Fatal war aber vor allem die Einschätzung der damaligen Kommission, dass alle Weinberge im Chianti gleichgestellt sein sollten. Man wollte möglichst viele Landwirte von dem prestigeträchtigen Namen profitieren lassen. Eine Idee, die auch noch heute dazu führt, dass man unter dem Namen Chianti armselige Weinchen genauso wie großartige Weine finden kann. Es wurde auch direkt festgelegt, wie die Cuvée des Chianti auszusehen habe und zwar aufgrund eines Briefs von Bettino Ricasoli, der Ikone der Region. Leider ein folgenreiches Missverständnis denn die Winzer wurden dazu verdammt, ihren Sangiovese unter anderem mit Malvasia, einer Weißweinsorte, zu cuvetieren. Für einfache Trinkweine in Ordnung, für große Weine extrem hinderlich. Nicht einmal einen reinsortigen Sangiovese durfte man Chianti nennen. So entstanden Anfang der 80er die ganzen Supertuscans. Wenn das Gesetz nicht erlaubte Top-Chianti zu machen, dann nannte man die Weine eben phantasievoll Concerto, Solaia oder anders und verkaufte sie als Landwein. Viele dieser Weine waren ein so großer Erfolg, dass man das Gesetz dann doch irgendwann änderte.
Chianti Classico muss heutzutage zu mindestens 80 % aus Sangiovese bestehen, kann aber auch reinsortig sein. Weitere zugelassene Rebsorten sind Canaiolo, Colorino und einige andere regionale Sorten und die internationalen Cabernet Sauvignon und Merlot. Die Qualitätspyramide hat man dreistufig aufgebaut: Annata, Riserva, Gran Selezione. Die Anforderungen dafür beziehen sich hauptsächlich auf die Fassreife der Weine. Natürlich wird ein guter Winzer nur seine besten Weine lange im Fass lagern und als Gran Selezione vermarkten, aber leider kann der Wein im Prinzip überall aus dem großen Gebiet stammen, das bevorzugt also eher die industrielle Weinproduktion. Langsam regen sich erste Ideen, Unterregionen festzulegen, wie zum Beispiel Monti, der historische Kern des Classico, wo Badia a Coltibuono und Brolio ihren Sitz haben. Erste Weingüter bauen einzelne Crus aus, aber da ist man von einer Regelung noch weit entfernt. Es tut sich aber was im Chianti und die gute Nachricht ist, dass die meisten Winzer ihre Zukunft in der Sangiovese sehen und nach der Internationalisierungswelle der 80er und 90er Jahre wieder auf authentisch toskanische Weine setzen.
Steckbrief Chianti Classico
Gebiet: Hügelland zwischen Florenz und Siena, 72.000 ha groß, davon stehen auf 7.000 ha Reben, der Weinbau erfolgt zwischen 200 und 600 Metern n.N. 580 Erzeuger sind im Consorzio, davon füllen ca. 380 unter eigenem Namen ab.
Klima: Mediterran, gemäßigt warm, vor allem im Bereich Monti höhere Niederschläge
Böden: Galestro (tonhaltiger Schiefer), Kalkböden mit Lehmeinlagerung, aber auch Schwemmland und sandige Böden in den Tälern, die Verteilung ist uneinheitlich, aber der Galestro ist mehr im Nordwesten vertreten, während es in den Höhenlagen von Monti in kargen Sandstein übergeht.
Reben: Chianti Classico muss zu mindestens 80 % aus Sangiovese gekeltert werden, Als Cuvéepartner sind autochthone Reben wie Colorino oder Malvasia Nera aber auch Merlot und Cabernet zugelassen, es gibt aber auch immer mehr reinsortige Weine, der Ertrag ist auf 56 hl / ha beschränkt.
Reife: mindestens 1 Jahr, für die Riserva 2, Gran Selezione 2 ½
Qualität: sehr heterogen, wegen der Größe des Gebietes gibt es Massenerzeuger und Qualitätswinzer nebeneinander, in den Hügelbereichen gibt es mehr Qualitätsweinbau, da sich Massenproduktion nicht lohnt. Insgesamt ist man um eine Steigerung der Durchschnittsqualität bemüht, im Top-Segment gibt es längst Weine von Weltgeltung.