Worüber Weinkenner sprechen

Der bekannte amerikanische Weinjournalist und ehemalige Senior Editor des Wine Spectator James Suckling hat heute Morgen in einer vielbeachteten Pressekonferenz bekanntgegeben, dass er sein Bewertungssystem ab sofort von dem altbekannten 100-Punkte- auf ein neues revolutionäres 1.000-Punkte-System umstellen will

1000 Punkte

„Es gibt verschiedene Faktoren,“ erklärte der Betreiber der einflussreichen Website jamessuckling.com, „die uns dazu veranlasst haben, das System, das auf amerikanische Schulnoten zurückgeht, zu verändern.“ Natürlich, so führte er aus, seien die Weine in den letzten Jahrzehnten auf breiter Basis so viel besser geworden, so dass ein anderes Vergleichsspektrum hermüsse. Außerdem erwarten Verbraucherinnen und Verbraucher eine differenziertere Bewertung. Bei ihm würden ab sofort die Grundbewertungen zwar weiterhin in 10er-Schritten erfolgen – also entsprächen die 990 Punkte 99 Punkten aus dem alten System – aber es sei dann noch möglich innerhalb der 99-Punkte-Weine Unterscheidungen zu treffen. Außerdem könne man nicht erwarten, dass aufgeklärte Menschen noch einem System trauen würden, dass auf amerikanischen Schulnoten basiere, denn schließlich würden hier seit einigen Jahren auch verstärkt alternative Fakten oder alternativwissenschaftliche Offenbarungen zugelassen und hoch bewertet. „Meine Verkoster und ich,“ so Suckling, „hegen aber einen hohen Anspruch an die Wahrheit des guten Geschmacks. Über Klimawandel, Evolution oder physikalische Grundgesetze mag man streiten können, über den Geschmack nicht. Daher möchten wir uns klar vom alten 100-Punkte-System abgrenzen.“

Auf die Frage eines Journalisten, ob der denn auch im neuen System die Höchstnote vergeben wolle, meinte Suckling: „Selbstverständlich, wenn ein Wein perfekt ist, ist er perfekt!“ Der Einwurf eines deutschen Kollegen, dass andere bekannte Weinkritiker, wie z. B. Luca Maroni, ja auch keine 100 Punkte vergeben würden, weil ein Wein nie ganz perfekt sei, führte zu einiger Ratlosigkeit der internationalen Journalisten. „Luca, wer?“

Suckling bat daraufhin Prof. Dr. Carl Epsilontik vom Massachusetts Institute of Technology auf die Bühne. „Ich bin ein großer Weinenthusiast, daher war es mir eine Ehre als James mich bat, mit ihm zusammen ein neues Bewertungssystem zu entwickeln ...“, erklärte der weltbekannte Forscher und Mathematiker mit dem Fachgebiet Surreale Zahlen. Wir haben uns zunächst andere Systeme angeschaut. Das Schweizer System mit den 20 Punkten, das auf der durchschnittlichen Anzahl von Löchern pro Quadratzentimeter Schweizer Bergkäse basiert. Das spannende, aber hyperkomplexe Limes-System von Herrn Maroni und die Schulsysteme anderer Länder oder auch die internationale Kletterskala, die ja theoretisch nach oben offen ist und wonach ein 16er Margaux z. B. als 9c zu bewerten wäre, es aber immer noch einen 9c+ Wein geben könnte. Wir haben sogar erwogen, so wie in manchen Ländern in den ersten Schulklassen, ganz auf numerische Bewertungen zu verzichten und stattdessen Emojis zu vergeben ... Nach zweijährigen intensiven Studien und Befragungen haben wir uns aber dazu entschieden, bei einem linearen System, das bei der Skala 500 für „fehlerhaft, aber gerade so trinkbar“ beginnt, zu bleiben. Manchmal ist das Einfache doch das Beste. Die Pressekonferenz wurde mit einer Verkostung der 25 neuen 1.000-Punkte-Weine aus der aktuellen Verkostungsliste von James Suckling beendet.

 

Am Rande der Veranstaltung konnten wir zum Glück noch einmal mit Prof. Dr. Epsilontik sprechen.

KWK: Carl, Gratulation noch einmal zu dieser revolutionären Arbeit.
Carl Epsilontik: Danke, da werde ich wahrscheinlich keinen Nobelpreis für bekommen, aber James hat mir verspochen das ich auch weiterhin an einigen Verkostungen teilnehmen darf. Zahlentheorie ist eher ein trockenes Gebiet.
KWK: Sie erwähnten Luca Maroni, der außerhalb Deutschlands eher weniger bekannt ist.
Carl E.: Wir sind auf ihn eher durch Zufall gestoßen, fanden aber das System ungewöhnlich und spannend.
KWK: Aber das ist doch das ganz normale 100-Punkte-System, nur dass die 100-Punkte nicht vergeben werden. Oder haben wir da was Missverstanden?
Carl E.:Nun ja, so wird es heute fälschlich kommuniziert, aber der Meister punktet ja in Wahrheit nach einem System, dass er mal das imperfekte Grenzwertsystem genannt hat. Vielleicht drückt er sich da etwas kompliziert aus, aber gut, er ist ja eher ein Dichter als ein Mathematiker.
KWK: Dichter?
Carl E.: : Ja klar, er bewertet ja auch Gedichte und hat auch dazu Bücher herausgegeben.
(Anmerkung d. Redaktion: Jahrbuch der besten Gedichte der Welt. 182 Dichter, 999 Gedichte ausgewählt und kommentiert vom Autor : Maroni, Luca: Amazon.it: Bücher)
KWK: Ah ja ….
Carl E.:Ich versuche mich mal unmathematisch auszudrücken. Seine Bewertungstheorie beruht auf der Idee, dass die Welt nie perfekt ist und also auch Wein nie perfekt sein kann, das heißt aber auch, dass wirklich perfekte Weine eine unendlich hohe Punktzahl bekommen müssten. Seine Bewertungskurve ist also nicht wie bei uns linear mit 100 als höchstem Wert auf der Y-Achse entsprechend einem 'perfekt' auf der X-Achse, sondern reziprok logarithmisch, dem 'perfekt' auf der X-Achse steht ein unendlicher Wert auf der Y-Achse gegenüber. Luca denkt dabei auch noch in Zehnerpotenzen, ein unglaublich komplexer Vorgang, der für James und selbst für mich kaum nachvollziehbar war.
KWK: Äh …
Carl E.:Äußerst komplex, kein Wunder, dass der Mann auch mehrere Bücher über da Vinci, natürlich in Bezug auf Wein, verfasst hat. Vielleicht ist er der Einzige, der Leonardo überhaupt verstanden hat. Bei Meister Luca beginnt ein einfacher Wein so in der Gegend um 102 und dann potenzieren sich die Werte, wobei er immer den Grenzwert 'unendlich' im Blick hat. Außerdem verwendet er die mathematischen Anklänge der Kabbala und verschriftlich das Ganze auch noch im Zeichensystem früharabischer Mystiker, die wiederum auf dem zoroastrischen System basieren. Den perfekten Wein würde er in der Form 'unendlich hoch unendlich x unendlich+1' schreiben, also eine unendlich potenzierte Unendlichkeit. Also (∞∞*∞) + 1, womit er eine doppelt transfinite Unendlichkeit darstellt. Wir konnten die Komplexität dieser Bewertungsskala bisher noch gar nicht ergründen, daher haben wir ihn zu einem Gastsemester zum Thema 'reziprok irrationale und infinit transzendente Zahlenreihen' ans MIT eingeladen. Das wird sehr spannend.
KWK: Ja …
Carl E.:: James und ich haben mal in einem, zugegeben sehr simplen und natürlich unstatthaften Vergleich versucht, sein hyperkomplexes System mit unserem zu synchronisieren. Sehr vereinfacht gesagt entsprechen 100 Punkte bei Luca Maroni so ungefähr, also sehr grob, unseren 50, bzw. jetzt 500. Da er noch nie mehr Punkte vergeben hat, können wir natürlich nichts über wirklich gute oder auch nur trinkbare Weine in seinem System aussagen.
KWK: Also sie meinen, dass er die Weine, die er bisher bewertet hat, alle gar nicht, ähem, gut findet?
Carl E.:Unter uns: Ich glaube der Meister mag gar keinen Wein …

 

Primitivo Tedesco

Endlich ist sie durch, die EU-Genehmigung, dem biederen deutschen Dornfelder einen neuen schmackhafteren Titel zu geben. Alternativ zur üblichen Bezeichnung darf ab jetzt auch Primitivo Tedesco auf dem Etikett stehen. EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski gab heute Morgen in Brüssel bekannt, dass mit dem EU-Erlass Nr. 2020/999, der am 01. Juni in Kraft tritt, die Voraussetzung dafür geschaffen wird. „Wir würdigen damit auch die Arbeit des großen Ampelographen Prof. Gabriel Malkare, der nachgewiesen hat, dass Primitivo und Dornfelder von derselben Ur-Rebe abstammen.“ In der Tat ein spannendes Thema, denn Prof. Malkare beruft sich in seiner Arbeit auf Traubenkerne, die im Jahre 2002 im Eis einer Felsspalte unterhalb vom Gipfel des Berges Ararat gefunden wurden. Den sehr zurückgezogen lebenden Prof. Malkare konnten wir für eine kurzes Statement gewinnen: „Die Traubenkerne wurden direkt unterhalb der berühmten Ararat-Anomalie gefunden, die mein geschätzter Forscherkollege Porcher Taylor ja eindeutig als Überreste der Arche Noah identifiziert hat. Es ist also davon auszugehen, dass Noah, als er im Jahr 2502 v.Chr. bei zurückgehendem Wasserstand am Gipfel des Ararat strandete, Trauben dabeihatte, und diese konnten wir eindeutig als Urvater von Dornfelder und Primitivo identifizieren.“

Primitivo

Warum eine Bezeichnung in Italienisch auf einer deutschen Weinflasche zulässig sei, wollten einige Journalisten vom Landwirtschaftskommissar wissen. „Nun, wir leben in einem vereinigten Wirtschaftsraum und sowohl das Deutsche wie auch das Italienische sind Amtssprachen der Union. Daher muss es auch möglich sein z. B. Rebsorten – sofern sie sich denn übersetzen lassen – in einer anderen Landessprache darzustellen. Da die Verwandtschaft der beiden Sorten aber nicht ganz so unmittelbar ist, hat sich die Kommission entschlossen, die jeweilige Landesbezeichnung hinzuzustellen. Der Primitivo Tedesco, darf also auch als Deutscher Primitiver, Deutscher Dornfelder oder wie bisher einfach Dornfelder vermarktet werden. Umgekehrt dürfen italienische Winzer den Primitivo als Spinacampo Italiano oder Italienischer Dornfelder verkaufen. Auf dem Rückenetikett dürfen auch jeweils die Synonymen Begriffe erscheinen, aber maximal drei und in der Schriftgröße nicht größer als 25,4 Prozent von der Größe der Hauptbezeichnung.“

„Das dürfte der bisher von Weinfreunden eher geschmähten, deutschen Rebsorte auch international einen gewissen Auftrieb verleihen“, freute sich Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die bei der Bekanntgabe dabei war. Ein italienischer Journalist wollte von der Kommissionspräsidentin wissen, ob ihre deutsche Herkunft dieser Entscheidung ein wenig Auftrieb gegeben habe. Von der Leyen verneinte das, weil „erstens meine Weinberater mir davon abgeraten haben, diesen Wein zu trinken, zweitens kommt meine Familie aus Westfalen, da interessiert man sich eh nicht für Wein.“

Spannend ist auch ein Zusatz, der es einigen Gebieten in Deutschland erlaubt aus dem Primitivo Tedesco auch einen besonders konzentrierten und kraftvollen Rebsaft im Appassimento-Verfahren zu machen. Der erste Antrag hierfür ging vom Württembergischen Weinbauverband ein. Präsident Hermann Hohl erklärte dazu: „Wir freuen uns, dass wir da wieder einmal die Innovationstreiber in Deutschland sind. Um das auch mit der richtigen Authentizität vermarkten zu können haben wir uns direkt den Begriff abasschimento sveviae sichern lassen und werden schon 2024 mit den ersten Weinen auf den Markt kommen.“ Wie man aus gut unterrichteten Kreisen hörte, war die Regelung unter den Winzern sehr umstritten, "Schließlich", sagte uns ein bekannter Winzer unter der Hand, „nemmet mehr ja was weg, wenn mer trockne… Des muss ja net sei.“ Hohl konnte sich mit seiner Meinung aber durchsetzen, „Schließlich“, so Hohl zu uns „setzen wir ja voll auf Qualität und Innovation. In Württemberg sind drei Prozent der Rebfläche mit Dornfelder bestockt, das wird ein Aushängeschild für die hiesige Weinkultur.“

Auch einzelne große Top-Weingüter haben sich bereits mit dem Thema beschäftigt. So konnten wir Erni Loosen zu einer Stellungnahme erreichen: „Klar machen wir das. Wir haben ja gesehen, dass die Familie Prüm das mit großem Erfolg macht. (Siehe unseren Bericht vom 01.04.2015). [Link auf alten April Beitrag]. Wir haben dafür jetzt gerade zwei Hektar im Ürziger Würzgarten und die Hälfte unserer Reben im Erdener Prälat gerodet. Das wird großartig…“ Außerdem hat der VDP-Mosel beschlossen Dornfelder/Primitivo ab sofort für die Große Lage zu klassifizieren. Der VDP-Mosel-Vorsitzende Carl von Schubert erklärte: „Historisch gesehen war Rotwein an der Mosel ja mindestens so weit verbreitet wie Weißwein. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass die Römer hier Primitivo angepflanzt haben. Wir kehren damit zu unseren Wurzeln zurück …“

Friedrich Keller und Julian Huber planen sogar zusammen ein eigenes Weingut dafür zu gründen. „Keller und Huber stehen ja mehr für Burgunderrebsorten, aber natürlich ist der Vulkanboden am Kaiserstuhl auch das perfekte Terroir für den Primitivo Tedescho. Wir freuen uns schon darauf hier an einem gegensätzlichen Stil arbeiten zu dürfen. Marmeladig statt elegant, wenig Säure, dafür ordentlich Restsüße und trotzdem viel Alkohol.“ Volcano P. soll das Weingut heißen und spätestens 2025 mit ersten Weinen rauskommen.

Wir haben bei mehreren VDP-Weingütern angefragt, ob etwas in Planung ist, auch bei dem neuen Sektstar des VDP, Volker Raumland: „Sekt aus was…?!?“ kam etwas verärgert die Antwort, „ja, hab davon gehört, dass die Bezeichnung dann auch für Schaumwein zulässig ist. Ein befreundetes Winzerehepaar aus der Nachbarschaft, für die ich, wie für viele VDPler, ja auch versekte, hat schon angefragt, ob ich ihnen nicht einen Primitivo Tedesco Appassimento Spumante Semi Secco aus Ersten Lagen machen könnte. Da habe ich gesagt, Oliver, denn rüttel ich dir nicht, den spreng ich gleich in die Luft.“

 

Große Gewächse alkoholfrei

Nur drei Wochen vor der Mainzer Weinbörse ist durchgesickert, dass es beim VDP eine revolutionäre Neuerung geben wird. Den Traubenadler wird es in Zukunft auch ohne Alkohol geben. Auf Anfrage wollte Steffen Christmann, der Präsident des Zusammenschlusses der besten Weingüter Deutschlands die weitreichende Änderung weder bestätigen noch dementieren. Aber aus für gewöhnlich gut informierten Kreisen sind erste Eckpunkte der neuen Regelung durchgesickert, mehr noch, der VDP wird mit seinem Ansatz die ganze Weinbranche revolutionieren.

Es gibt schon länger Überlegungen dazu, wie der Verband mit dem gestiegenen Gesundheitsbewusstsein der Verbraucher und dem sinkenden Alkoholkonsum umgehen soll, so unsere Quelle. Erste Schritte in die Richtung sich für neue Segmente zu öffnen hat man bereits durch die Aufnahme der Obstkelterei van Nahmen in den VDP eingeleitet (wir berichteten). Die Klassifizierung „Saft aus großen Lagen“ steht in den Startlöchern und soll dem Vernehmen nach in diesem Jahr starten, aber jetzt werden sich auch für Winzer ganz neue Kundenzweige auftun.

Zuerst gab es die Überlegung den VDP-Adler auf gewissen entalkoholisierten Weinen zuzulassen, doch die geschmacklichen Prüfungen verliefen alle wenig zufriedenstellend. Zu einem Umdenken, so unsere anonyme Quelle, kam es als Roman Niewodniczanski in einem dreieinhalbstündigen Vortrag über „Die Stellung des Deutschen Weines im internationalen Weinkosmos um 1920 – anhand historischer Weinkarten“, eine neu entdeckte alte Karte von 1925 aus dem Grandhotel Ritz in Paris vorstellte. Unsere Quelle berichtet von dem dramatischen Moment: „Alle anwesenden waren entspannt eingeschlafen, als plötzlich der Feueralarm und die Sprinkleranlage losging. Es hatten wohl einige Jungwinzer auf dem WC einen – legalen - Joint geraucht. Im allgemeinen Trubel, Roman präsentierte gerade die neue Karte auf dem Overhead Projektor, fiel einigen Kollegen auf, dass dort ein 1915 Wehlener Sonnennuhr Naturrein, Joh. Jos. Prüm – sans Alcohol – angeboten wurde. Selbstredend viermal teurer als der 15er Château Lafite wie Niewodniczanski mehrfach in den Krach der Sirenen rief.

Leider war die – handgeschriebene – Karte nachher unrettbar verloren und die Klassifizierung „ohne Alkohol“ nicht mehr zu verifizieren. Aber die Neugier der Kollegen war geweckt. Nachforschungen auf dem Weingut Joh. Jos. Prüm ergaben, dass in einem Zusatz zum offiziellen Kellerbuch des Weingutes der damalige Kellermeister zwischen 1914 und 18 mehrfach notiert hatte: „Ein Fuder naturrein. Ein Wein den wohl nur Franzosen trinken können.“ Naturrein war damals eine Bezeichnung für trockene Weine. Weiter hatte man diesen minderwertigen Wein nicht mehr beachtet. Insgesamt wurden in den Jahren 3 Fuder so bezeichnet. Nach 1918 scheint aber der deutsch-französische Weinhändler Jean Hans die Fässer entdeckt und das Weingut überredet zu haben, sie zu füllen. Er notierte: „Ein großer Wein. Enorme Länge, wirkt sehr burgundisch, überragende Komplexität, scheint ungewöhnlich für die Sonnenuhr nahe an 0 Gramm Restzucker zu sein … aber irgendwie ist er auch anders als andere Weine.“

Ritz

Die drei Fuder übernahm komplett das Ritz in Paris und setzte sie 1921 auf die Weinkarte, ohne den Zusatz „-sans Alcohol“. Als in diesem Jahr 1921 Rudolph Valentino im Ritz weilte, um in Paris seinen Film The Four Horsemen of the Apocalypse vorzustellen, bestellte er als erster eine Flasche Sonnenuhr, sehr verwundert darüber, dass er auch nach der zweiten Flasche des Weins noch vollkommen nüchtern war. Erst jetzt verkostete der Sommelier des Hotels den Wein und kam zu einem ähnlichen Ergebnis wie Jean Hans, schickte aber eine der Flaschen ins Institute Pasteur zur Analyse. Dort bescheinigte man dem Wein, ein hervorragendes Bukett, einen langen Abgang sowie eine burgundische Konsistenz („bien qu'il soit d'origine allemande“). UND maß 0,1 % Alkohol.

Den Unterlagen des Hotels ist zu entnehmen, dass Valentino und seine Entourage unterdessen fast alle Flaschen aufgekauft hatten. Leider gingen sie beim Untergang der Reine des Mers am 02. Januar 1922 im Nordatlantik sämtlich verloren. Lediglich 6 Flaschen verblieben im Hotel, wurden aber nach einiger Zeit von der Karte genommen und beiseitegelegt. Drei davon soll ein deutscher General 1943 getrunken haben – vermischt mit Korn, weil er „nicht genug knallte“. Zwei weitere landeten in der Hotelküche, über den Verbleib der letzten Flasche war bisher nichts bekannt. Nach intensivem Nachfragen seitens des VDP wurde der Keller des Ritz noch einmal durchsucht. Der Direktor berichtete später: „Mon Dieu, wir fanden die Flasche in einer noch zugenagelten Kiste 1915er Château Lafite. Was ein Frevel.“ Er überließ sie gerne dem Weingut im Tausch für einen 76er La Tâche. Wir waren elektrisiert, schildert unsere anonyme Quelle, unter großer Geheimhaltung wurde der Wein am 01.04.2022 auf dem Weingut geöffnet. Eine 108 Jahre alte trockene Sonnenuhr! Sie zeigte sich sehr fein gereift, mit burgundischer Finesse, hervorragendem Bukett und einem sehr langen Abgang. Der anwesende Biochemiker stellte in seiner Analyse einen Alkoholgehalt von 0,05% fest. Das war die Sensation. „Das muss an den Hefen liegen“, meinte er lapidar „anders kann ich mir das nicht erklären.“

Dann ging wohl alles schnell. Der Biochemiker, der bisher noch nie Wein getrunken hatte und Alkohol nur als C2H6O kannte, meinte da müsse sich doch was machen lassen. Den letzten Rest des Weines nahm er mit in das Labor zu seinem Arbeitgeber Biontech. Mit seiner Chefin Özlem Türeci hatte er schnell die DNA der Hefereste in dem Wein analysiert. „Wir waren schon immer der Meinung, dass Ethanol ein unnützes Nebenprodukt des Hefestoffwechsels ist“, meinten die beiden auf Anfrage, „die Analyse der alten Hefen brachte uns den Beweis. Mittels einer einfachen Genschere konnten wir auch andere Hefen so verändern, dass sie keinen Alkohol mehr produzieren. Alle anderen Elemente der Gärung bleiben davon unverändert. Der Hefestamm von damals scheint nur nie weiter gezüchtet worden zu sein.“

Dem Vernehmen nach hat der VDP dann bei verschiedenen Winzern Hefestämme eingesammelt und diese behandeln lassen, dass sie die gleiche genetische Veränderung haben wie die jetzt Sonnenuhr1915 genannte Hefe. Mit dem Jahrgang 2023 haben erste Winzer schon Weine mit diesen Hefen produziert. Erst einmal soll die Kategorie VDP-Sans-Alc nur ab Ortswein aufwärts gelten. H.O. Spanier betonte auf Anfrage, dass sein Mölsheimer Sans Alc natürlich ausschließlich aus Ersten Lagen kommen würde, wenn denn an dem Gerücht etwas dran sei. Erni Loosen antwortete er würde dann sicher auch ein Fass Prälat Sans Alc Reserve im Keller haben. Van Volxem würde sich an dem Projekt Sans Alc nur beteiligen, wenn der Mindestverkaufspreis der GG Sans Alc auf das Vierfache des gleitenden Durchschnitts der Verkaufspreise der 1er Grand Cru des Bordeaux festgelegt würde. Bei Joh. Jos. Prüm ließ man verlauten: Zu kellertechnischen Dingen äußern wir uns grundsätzlich nicht und außerdem haben unsere Weine schon jetzt kaum Alkohol.

Wir sind gespannt, ob sich die Gerüchte auf der Weinbörse bestätigen werden. Natürlich berichten wir…