Verkorkst – Der perfekte Wein

Es ist nicht leicht, den perfekten Wein zu finden – man scheitert an dieser Aufgabe schneller als gedacht ...

Der ältere Herr in unserer illustren Weinrunde, von dem wir wussten, dass er sicher mehr 100-Punkte-Weine im Glas gehabt hatte als wir alle zusammen, jagte uns einen gehörigen Schrecken ein. Erst schaute er versonnen, dann traurig und schließlich fast angewidert auf den 1982er Château Mouton-Rothschild im Glas und seufzte tief. Korkschmeck? War der Höhepunkt der Probe etwa ein Reinfall? Wir schnupperten vorsichtig, wagten es kaum, den Wein auf den Gaumen zu nehmen, aber, oh Wunder, er war brillant, großartig, das, was man von ihm erwarten konnte. Wir grinsten, während der Kenner neben uns leise in sein Glas seufzte: „Ach, der 45er war aber besser ...“

Zuerst einmal lernen wir daraus, dass jeder seines eigenen Unglückes Schmied ist. Aber eben auch einiges über die Perfektion. Den gängigsten Ansatz hat ein Anwalt aus Baltimore auf den Weg gebracht. Er versuchte, den Geschmack von Wein in gewisser Weise zu objektivieren und nahm dazu das amerikanische Schulsystem als Vorbild. 50 Punkte sind Null und 100 Punkte perfekt, alles dazwischen von sehr schlecht bis sehr gut, so einfach. Nun ja, man kann heute angesichts der objektiven Desobjektivierung in der amerikanischen Politik („Alternative Fakten“) darüber streiten, ob das amerikanische Bildungssystem ein gutes Vorbild ist, erfolgreich war der Ansatz auf jeden Fall. So erfolgreich, dass eine Zeitlang alle Weine, denen Robert Parker 100 Punkte gab, sofort vom Markt verschwunden waren. Sie schienen regelrecht zu diffundieren, um dann gefühlt tröpfchenweise auf 100-Punkte-Verkostungen wieder aufzutauchen. Da wurde dann gerne und lang darüber debattiert, ob der Wein X jetzt 100+ verdient hatte oder doch nur 98. Ja, hätte man nur damals den 45er nicht probiert ...

Wie es so ist, tauchten mit der Zeit immer mehr „perfekte“ Weine auf. War Wein an sich nun besser geworden (sicher!), die Verkosterinnen und Verkoster weniger kritisch oder war es einfach aufsehenerregend, wenn man einem Wein 100 Punkte gab? Manche Verkoster weigerten sich auch, 100 Punkte zu vergeben und machten bei 99 Schluss. Ganz generös feststellend, dass es „perfekte“ Weine ja gar nicht geben könne. Da ist der eine Punkt der entscheidende Schritt, ganz klar.

In neuester Zeit stellt sich die Frage, ob uns vielleicht eine KI, die schmecken und riechen kann, bald sagen wird, ob ein Wein perfekt ist oder nicht, ob es einfach nicht besser geht, denn das wäre ja die Definition der Perfektion. Bis ChatGPT oder Gemini so weit sind, halte ich mich lieber an die Definition einer italienischen Nonna, mit der ich bei einem netten Mittagessen am Ufer des Gardasees sitzen durfte. Rosa meinte: Stell dir vor, du bist in einer Pizzeria in New York mit deiner Frau. Der Tag im Büro war schlecht, es regnet in Strömen, es ist kalt und du weißt, der Tag morgen wird auch nicht besser. Aber du findest unseren Lugana auf der Karte und bestellst ihn, vielleicht auch, weil dir nichts Besseres einfällt. Und als der Kellner die Flasche bringt und einschenkt, nimmt deine Frau einen Schluck, lächelt dich an und sagt ganz versonnen: „Ach Schatz, weißt du noch damals am Gardasee? Das war so schön …“

Perfekter kann ein Wein kaum sein. Finde ich.

Ihr Andreas Brensing

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