Wenn es die Molise schön länger gäbe, hätten sicher die Dichter Italiens geschwärmt von den sanften Hügeln, dem blau glitzernden Meer, den freundlichen Bergen des sich hier bescheiden zurückhaltenden Apennin, dem Duft des Fenchel, der Zartheit des Spargel, der Würze der Artischocken, der Frische der Fische und der Freundlichkeit der Bewohner. Aber die Molise gibt es als eigenständige Region erst seit 1963. “Einspruch!”, wird der Einheimische jetzt sicher rufen. “Einspruch, die Molise gab es schon immer. Schließlich waren wir hier die letzten auf der italienischen Halbinsel, die sich gegen das Imperium Romanum gewehrt haben, damals ...”
Die Region ist nach dem Aostatal die zweitkleinste Italiens und stark landwirtschaftlich geprägt. Und in der Tat versucht man hier mehr auf Qualität als auf Quantität zu setzen wie wir bei unserem Besuch sehen. Das hat aber natürlich auch etwas mit dem Selbstverständnis der Menschen zu tun. Deren Widerstand gegen Rom ist in den letzten 2.500 Jahren eher einer freundlichen Gelassenheit der gar nicht mal so fernen Metropole gegenüber gewichen. Die Molise gehört zu den ärmeren Regionen Italiens, aber man sieht es ihr nicht wirklich an. Es ist, als warte man hier auf den großen Durchbruch, den Touristenstrom, einen plötzlichen Boom der landwirtschaftlichen Produkte ... Auf was auch immer. Aber diese Wartezeit versüßt man sich offensichtlich, indem man mit Freunden zusammensitzt und die Köstlichkeiten der Molise genießt, wenn schon kein Dichter sie besingt. Da Touristen hier noch nicht in Horden durch die Gassen ziehen und es unter den 1.111 “Must have seen places” in Ratgebern und auf Instagram offensichtlich keinen aus der Molise gibt, werden hier auch Touristen noch als Freunde angesehen.
Und damit haben wir diese kleine Region Italiens ausreichend und treffend besungen und jeder dürfte bemerken, dass wir hier ein Stück weit unser Herz verloren haben.