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So war es auf der ProWein

Fast schon gespenstisch leer schien es in einzelnen Hallen der ProWein am Sonntag. Kam man durch den Eingang Ost, waren in den ersten beiden, großen Hallen die Aussteller aus Übersee, USA und Südamerika versammelt, ohnehin meistens eher ruhigere Teile der (nach Regionen aufgeteilten) Messe. Ein neues Hallenkonzept, möglich durch einen Umbau der Messe und nötig geworden durch Abstandsregeln während der Pandemie sorgte dafür, dass die Gänge zwischen den Ständen etwas breiter und insgesamt die Messe etwas großzügiger sind.

collio goriziano

Folgt man den Ausstellungshallen, die man im Kreis durchlaufen kann, bis zurück an den Ein- und Ausgang, kommt man nun nach Portugal, wo alles etwas enger ist und sich mehr kleine Produzenten tummeln. Ich bekomme den Eindruck, der sich im Laufe meines Rundgangs weiter verfestigen wird: Es geht oft um ein Treffen und Vernetzen der Produzenten untereinander, Geschäfte werden bei Terminen gemacht – tatsächlich sind relativ viele der Aussteller gerade im Meeting, wenn man einfach so vorbeischaut. Das Gefühl, sich auf einem großen Marktplatz zu befinden, wo Kontakte auch mit Leuten, die einfach am Stand vorbeigehen, offensiv gesucht werden, wie ich es in den Jahren vor der Pandemie hatte, stellt sich nicht mehr ein. Als jemand, der ohne verbindliche Termine nur zu Informationszwecken über die Messe geht, bleibe ich ein wenig außen vor, in einer Beobachterrolle.

Laurent Bénard

Allerdings ist das natürlich auch sehr bequem – so komme ich wesentlich weniger angestrengt durch den Tag als 2019, bei meinem letzten Besuch. Natürlich gibt es die ewigen Hot Spots, im Bereich der VDP-Weingüter knubbeln sich die Aussteller und Besucher wie eh und je. Der Bereich ist zwar großzügiger gestaltet worden, aber trotzdem wirkt alles noch sehr eng. Dasselbe gilt für einige andere Verbände auch. Da merkt man wohl einfach den Unterschied im Budget zu den großen, staatlichen Vermarktungsgesellschaften wie zum Beispiel auf der iberischen Halbinsel.

Und was gab es zu entdecken? Für mich war es vor allem spannend, sich einen Überblick über das alkoholfreie Sortiment zu verschaffen. Viele der ent-alkoholisierten Weine haben immer noch ein Problem damit, die Dichte eines „echten“ Weins am Gaumen zu erzeugen. Aber mein Eindruck war, dass sich die Produzenten auf dem richtigen Weg befinden. Vor allem dann, wenn es tatsächliche Weingüter sind, die auch alkoholfreien Wein produzieren. Verblüffend fand ich auch einige der Alternativen zu Spirituosen. Kann man machen!

Beim Wein habe ich mich mehr darauf konzentriert, mein Wissen über einige eher abseitige Themen zu vertiefen, als mir einen Jahrgangsüberblick zu verschaffen. Begeistert haben mich zum Beispiel die trockenen Weißweine aus Furmint, der Rebsorte, die für Tokajer benutzt wird. Ich hatte viele tolle Lemberger im Glas, die mir teilweise besser gefallen haben als die österreichischen Blaufränkisch. Vielleicht, weil die kühleren Lagen in Württemberg noch prononcierter die Säure und Würze der Sorte hervorbringen. Auch die vielen unterschiedlichen Resultate, die man mit Amphoren erzielen kann, waren verblüffend. Vom leichten, filigranen Rotwein aus dem heißen Alentejo, den in einer Blindprobe vermutlich niemand dorthin stecken würde, bis zu georgischen Qvevri-Weinen, die unheimlich faszinierend aber auch extrem schwer zugänglich sind, spannt sich eine Bandbreite, mit der ich nicht gerechnet habe.

Stefano Bernadis

Das Fazit: Es war eine verhältnismäßig entspannte ProWein. Das großzügigere Hallenkonzept hat dem Ganzen gut getan und die Aussteller, mit denen ich gesprochen habe, waren zufrieden. Und wie immer gibt es vor allem eine Lehre aus der Messe: Es gibt so viel mehr Wein, als man jemals probieren kann! Da hilft nur, sich zu entspannen und das zu genießen, was man hat.