Weinbewertungen
Weinbewertungen - Wer vergibt Punkte, Gläser & Co. und was steckt dahinter?
In der Welt des Weines gibt es viele Bewertungssysteme und Auszeichnungen von großen und kleinen Organisationen, Experten und Fachmedien. Es fällt nicht immer leicht hier den Überblick zu bewahren und im Dschungel der „Goldmedaillen“, „Gläser“, „Trauben“ und „Punkte“ herauszufinden, welche Bewertung wirklich relevant ist und was diese genau über den Wein und seine Qualität aussagt. Dafür wollen wir Ihnen mit dieser Übersicht über Autoren und Publikationen Orientierung geben, und Ihnen die Bedeutungen der verschiedenen verwendeten Bewertungssysteme erklären.
Grundsätzlich beschränken wir uns, in unserem Online Shop und bei unseren Angeboten im Weinkeller, bei den Zitierungen von Bewertungen für unsere Weine auf die angesehenen Publikationen und Verkoster, die Sie weiter unten aufgelistet finden. Da wir es irreführend finden, wenn nicht selten mit Prämierungen und Punkten geworben wird, die für bestimmte Weine zwar einmal vergeben wurden, jedoch oft für einen älteren Jahrgang als den angebotenen, geben wir immer die Bewertungen exakt für den Wein und Jahrgang an, der tatsächlich diese erhalten hat.
Robert Parker (The Wine Advocate)
Skala: 50-100 Punkte (50-59: nicht akzeptabel, 60-69: unterdurchschnittlich, 70-79: durchschnittlich mit kleinen Fehltönen, 80-89: überdurchschnittlich bis sehr gut, 90-95: hervorragend, 96-100: außergewöhnlich und mit tiefem, komplexem Charakter)
Robert Parker startete seine Karriere ursprünglich als Rechtsanwalt. Während seines Studiums entdeckte er seine Leidenschaft für Weine, insbesondere für die aus Bordeaux. Aus dieser Passion hat sich seit 1978 einer der wichtigsten Weinführer der Welt entwickelt. Mit seiner ausgesprochen positiven Kritik des Bordeaux-Jahrgangs 1982 erzielte Parker seinen Durchbruch und schnell wurde sein Urteil so relevant, dass er sogar den Stil der Weine beeinflusste, die vielerorts seinem Geschmack entsprechend immer konzentrierter und opulenter wurden. Seit 2012 hat er sich immer mehr aus dem Geschäft des Verkostens zurückgezogen und das Feld kompetenten, von ihm ausgesuchten Weinexperten überlassen, die jeweils auf verschiedene Länder und Regionen spezialisiert sind. Für Deutschland übernimmt diese Verantwortung seit kurzem Stephan Reinhardt, für Bordeaux hat nach Neal Martin jetzt Lisa Perrotti-Brown diese Aufgabe federführend inne. Ihr persönlicher Geschmack, der auch bei professionellen Verkostern eine gewisse Rolle spielt, tendiert wieder eher in Richtung Frucht und Fülle, was die Bewertungen der einzelnen Châteaus in Bordeaux in ihrer Gewichtung teilweise stark verändert hat und sicher noch weiter verändern wird. Insgesamt wertet sie auch deutlich niedriger als ihre Vorgänger. Aus unserer Sicht haben die Bewertungen, die Sie alle auf robertparker.com finden immer noch eine besonders hohe Relevanz.
James Suckling
Skala: 100-Punkte-System (alles über 90 trinkt James Suckling selbst gerne, alles über 95 sind seine „Must-buy´s“)
Der amerikanische Autor James Suckling, der bis 2010 führend für den Wine Spectator tätig war, eröffnete sein Online Weinmagazin jamessuckling.com noch im selben Jahr. Er gilt im Besonderen als Kenner italienischer Weine und der aus Bordeaux. Zusammen mit seinem Team verkostet er in jedem Jahr die Bordeaux Primeur Weine (Fassproben) und ist hier zusammen mit dem Wine Advocate der einflussreichste Experte, auf dessen Urteil sehr viel Wert gelegt wird. Seine Bewertungen sind im Vergleich zu anderen Verkostern im Schnitt immer etwas höher angesiedelt. So sollte man sie auch lesen.
René Gabriel (Weinwisser)
Skala: 20-Punkte-System (10 oder weniger: fehlerhaft, 10-12: nicht zufriedenstellend, 12-14: gut, 14-16: sehr gut, 16-18: außergewöhnlich, 18-20: Spitzenqualität, 21/20: außergewöhnliche Spitzenqualität)
René Gabriel und sein Team verkosten jährlich etwa 4.000 Weine aus aller Welt, um diese zu bewerten. Sein Infoletter „Weinwisser“, der seit 1992 erscheint, erreicht monatlich tausende Weinprofis und ambitionierte Weinliebhaber im deutschsprachigen Raum. Der Weinwisser bietet einen umfangreichen Überblick über den deutschen, französischen, schweizerischen und italienischen Wein. Die Kernkompetenz dieser Publikation liegt traditionell in Bordeaux, für dessen Kennerschaft René Gabriel ab den frühen 1990er Jahren bekannt geworden ist. Seit 2016 ist Giuseppe Lauria Chefredakteur des Weinwisser und leitet verantwortlich die Verkostungen und Publikationen.
Gambero Rosso
Skala: 1 bis 3 Gläser (1: gut, 2: sehr gut, 3: außergewöhnlich)
Der Gambero Rosso (zu Deutsch „Roter Krebs“) ist ein italienischer Verlag, der durch das gedruckte Standardwerk “Vini d’Italia“ bekannt geworden ist, das seit 1988 als Maßstab gelten darf, wenn es um die Bewertung italienischer Weine geht. Hier werden sehr übersichtlich ein bis drei Gläser für gute, sehr gute und außergewöhnliche Weine vergeben. Die Bewertungen im Buch füllen über 1.000 Seiten. Von den jährlich rund 20.000 besprochenen Weinen erhalten lediglich 400 die Höchstnote von drei Gläsern. Das Werk erscheint jährlich auch in deutscher Sprache und bietet für Einsteiger und Fortgeschrittene einen informativen Überblick über italienische Weine und Weinqualitäten.
Falstaff
Skala: 50-100 Punkte (s. Robert Parker), Awardverleihungen wie WinzerIn des Jahres, etc.
Das österreichische Wein- und Gourmet-Journal, dessen Name sich von einer literarischen Figur Shakespeares ableitet, bewertet Weine auf der 50 bis 100 Punkte-Skala. Neben den regelmäßig erscheinenden Zeitschriften gibt es alljährlich auch einen Weinführer, in dem die besten Weine Österreichs zu finden sind. Seit 2013 findet sich neben der österreichischen Ausgabe auch ein Weinguide für Weine aus Deutschland, die von einem Team unter der Leitung des deutschen Chefredakteurs Ulrich Sautter verkostet werden. Die Veröffentlichung beginnt erst ab einer Benotung von mindestens 85 Punkten, was einem „guten“ und fehlerfreien Wein entspricht. Die Falstaff Verkoster gelten bei ihren Bewertungen in den letzten Jahren als vergleichsweise großzügig.
Vinum
Skala: 20-Punkte-System (siehe René Gabriel, Weinwisser), Award-Verleihungen wie „Deutscher Rotweinpreis“, „Riesling Champion“
Das europäische Weinmagazin erschien bereits 1980 und berichtet seitdem über Trends und Neuigkeiten aus der Welt des Weines. Die Redaktion des Magazins verkostet, beschreibt und bewertet Weine aus aller Welt mit besonderem Augenmerk auf die für den deutschen Markt wichtigsten Weinländer Deutschland, Frankreich, Österreich, Italien und Spanien.
Wine Spectator
Skala: 100-Punkte-System (unter 70: nicht empfehlenswert, 70-79: durchschnittliche Weine, 80-84: gut gemachte, solide Weine, 85-89: sehr gute Weine, 90-94: außergewöhnliche Weine mit perfektem Charakter und Stil, 95-100: Klassiker, großartige Weine)
Das amerikanische Magazin mit dem Fokus auf Wein, gehört zu den anerkanntesten Veröffentlichungen über Wein überhaupt. Neben der jährlich erscheinenden Liste der Top 100 Wines, die bei Erscheinen immer wieder für helle Aufregung sorgt, bespricht der „Wine Spectator“ in 15 Ausgaben pro Jahr rund 1.000 Weine. Zusätzlich erscheinen Informationen rund um Regionen und Jahrgänge. Er ist eine verlässliche Quelle für Bewertungen von Bordeaux und für den Wein weltweit.
Gault Millau
Skala: 100-Punkte-System (75-79: passable Qualität für den Alltag, 80-84: überdurchschnittliche, gute Qualität, 85-89: sehr gute Weine mit Alterungspotential, 90-94: exzellente Qualität, 95-99: überragende Weine, 100: perfekte Weine)
Die Verkostungen des jährlich erscheinenden Weinführers Gault Millau, der sich auf den deutschen Wein spezialisiert hat, werden im Gegensatz zu vielen anderen nicht blind durchgeführt, denn man möchte einen Vergleich zum bekannten Stil des Weingutes und den vorherigen Jahrgängen ziehen können. Neben den Weinen im 100-Punkte-System bewertet der Gault Millau auch die Weingüter mit 1 bis 5 Trauben, was vom soliden Produzenten bis zum internationalen Spitzenerzeuger reicht. Die Bewertungen im Gault Millau sind eher defensiv im Vergleich zu anderen Publikationen.
Allen Meadows (Burghound)
Skala: 100-Punkte-System (75-79: passable Qualität für den Alltag, 80-84: überdurchschnittliche, gute Qualität, 85-89: sehr gute Weine mit Alterungspotential, 90-94: exzellente Qualität, 95-99: überragende Weine, 100: perfekte Weine)
Allen Meadows hat sich mit seiner vierteljährlich erscheinenden Meadow´s Burgundy Review auf das Burgund spezialisiert. Neben Bewertungen befasst er sich auch intensiv mit der Geschichte des Weinbaus im Burgund und allen anderen Aspekten rund um die dortigen Reben. Er gilt als intimer Kenner der Region und hat durch seinen Fokus auf nur diese eine (die jedoch extrem vielseitig ist) die Möglichkeit, wie kein anderer, in die Tiefe zu gehen, weshalb wir seinem Urteil über die Weine der Region sehr vertrauen. Auch er bewertet eher kritisch, weshalb ein Wein mit 90 Punkten schon ein echter Spitzenwein ist.
Antonio Galloni (Vinous)
Skala: 100-Punkte-System (unter 75: nicht akzeptabel, 75-79: unterdurchschnittlich, 80-84: durchschnittlich und ohne Fehler, 85-89: hervorragend, 90-95: herausragend, 96-100: außergewöhnlich, ikonisch)
Antonio Galloni arbeitete lange Jahre für Robert Parkers Wine Advocate, bis er sich 2013 mit dem Online Magazin Vinous selbstständig machte. Er liebt die Weine Italiens, insbesondere die der Toskana. Er ist aber auch in anderen Weinländern rund um den Globus zuhause. Gemessen an seiner Erfahrung sind seine Bewertungen über die Weine dieser Welt sicher nicht außer Acht zu lassen, auch weil er ein schlagkräftiges Team zur Seite hat. Seine wichtigsten Autoren sind Stephen Tanzer und David Schildknecht und seit dem Jahrgang 2017 ist Neal Martin vom Wine Advocate als Verkoster für Bordeaux dazugekommen. Auf der Website www.vinous.com findet man immer vielseitige Informationen und Geschichten rund um den Wein und dies stets sehr aktuell.
Noch ein Wort in eigener Sache zum Abschluss...
Bewertungen sind sicher wichtig und dienen der Orientierung für Konsumenten, aber auch für Weinhändler. Trotzdem ist eine gute Bewertung nicht alles, denn was nützt einem ein wahnsinnig hoch eingeschätzter Wein, wenn er dem eigenen Geschmack nicht entspricht. Oder anders herum: Wichtig ist, dass der Wein schmeckt. Wenn er dann noch gut bewertet ist umso besser. Die Messlatte ist aus unserer Sicht am Ende aber immer der eigene Geschmack und das eigene Urteil.