Château La Croix-Davids
Bordeaux: Das größte französische Anbaugebiet ist ein Phänomen. Auf einer Rebfläche von rund 120.000 Hektar zählt es etwa 10.000 weinbauwirtschaftliche Betriebe. Die Zahl ist seit vielen Jahren rückläufig. Warum das so ist, erzählt auch die Geschichte von Château La Croix-Davids in der Appellation Côtes de Bourg, rechts der Dordogne (Rive droite). Dies ist eine von 57 kontrollierten Herkunftsgebieten (AOC) im Bordelais. Aber wer kennt schon die Côtes de Bourg, geschweige denn ihre Weine? Es wird aber noch kleinteiliger: Weil die Winzer des Städtchens Bourg an der Dordogne sich von den Betrieben der Côtes emanzipiert haben, dürfen sie ihre Weine seit ein paar Jahren als Bourg-Gewächse auf den Markt bringen. Ob das ihrer Vermarktung hilfreich ist, wird die Zukunft zeigen. Wenn es um Bordeaux geht, ist meist von einer Handvoll Châteaux aus den Gebieten im und um Médoc, Saint Émilion oder Pomerol die Rede. Dazu gesellen sich einige wenige trockene Weißweine aus dem Graves und noch einmal weniger edelsüße Delikatessen aus der Appellation Sauternes. Diese bekanntesten Exemplare haben eines gemein: Sie sind teuer, sehr teuer – und in vielen Ländern von köstlichen Genussmitteln zu reinen Spekulationsobjekten mutiert. Bordeaux, in etwa so groß wie die gesamte deutsche Weinbaufläche, hat durch diese Top-Wein in der Öffentlichkeit den Nimbus der Unerschwinglichkeit inne. Da könnte man meinen, dass die tausende übrige Weinbaubetriebe, die ihre Gewächse zu weitaus geringeren Preisen feilbieten (müssen), ein Stück vom Ruhmeskuchen ihrer mehr oder weniger weit entfernten Nachbarn abbekommen haben sollten. Aber im Gegenteil: Die Schere zwischen armen und reichen Weingütern geht seit den achtziger Jahren kontinuierlich auseinander. Von den Hängen der Côtes de Bourg lässt es sich über die Flüsse Garonne und Dordogne hinweg direkt auf das weltberühmte Anbaugebiet Margaux schauen: profitiert hat Bourg davon nicht wirklich. Während sich zahlreiche gefeierte Châteaux in Margaux heute im Besitz von internationalen Konzernen befinden, die ihre Weinmarken auf der ganzen Welt erfolgreich und werbewirksam etablieren konnten, ist die Weinwirtschaft an der Côtes de Bourg bis heute kleinteilig und familiär geblieben.
Ein Musterbeispiel dafür ist das Château La Croix-Davids. Auf der etwas aus der Zeit gefallenen Website des Weinguts liest man Worte wie: „Arbeit, Bescheidenheit, Beharrlichkeit“. Und denen glaubt man tatsächlich, denn sein Inhaber Louis Meneuvrier erzeugt Rotweine von seltener Kraft und Eleganz – und die überzeugen mit einem Preis-Genuss-Verhältnis, das im Bordelais seinesgleichen sucht. Dumm nur, dass davon nur so wenige Connaisseure wissen (gut, wir arbeiten daran). Was auch daran liegt, dass ihre Produktion vergleichsweise klein ist. An den Hängen der Gemeinde Lansac mit direkter Sicht auf die Dordogne liegen die Weinberge des Château La Croix-Davids, dessen Reben sich durch ein ebenso spannendes wie heterogenes Terroir aus Kalk, Ton und Lehm tief in den Boden graben. Wie überall am rechten Ufer liegt der Fokus auch bei Chateau La Croix-Davids auf der Rebsorte Merlot. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Louis Meneuvrier dem traditionell etwas ruppigen Malbec mit einem Anteil von etwa 20 Prozent der Anbaufläche mutig die Stange hält. Genau dieser Anteil einer zumindest im Bordelais etwas in Vergessenheit geratenen Sorte ist es aber, die eine Cuvée von Château La Croix-Davids zu einer würzigen Köstlichkeit geraten lässt. Das Weingut wurde während der französischen Revolution beschlagnahmt und Anfang des neuntzehnten Jahrhunderts von der Familie Cavignac-Birot erworben, deren natürlicher Nachfolge Louis Meneuvrier ist. Damals war der Anbau von Malbec noch viel mehr üblich als heute. Merlot und Malbec werden auf Château La Croix-Davids damals wie heute traditionell auf der Maische vergoren und dürfen sich über viele Monate in kleinen französischen Eichenholzfässern ausruhen, bevor sie schließlich als Cuvée zu einem Wein vereint werden. Übrigens: In Margaux verlaufen diese Prozeduren nicht grundlegend anders, ebenso wie seine Weine nicht zwingend besser sein müssen. Genauer hinschmecken lohnt sich. Auch im weltberühmten Bordelais.
STECKBRIEF
- Inhaber: Familie Meneuvrier
- Kellermeister: Louis Meneuvrier
- Region, Ort: Côtes de Bourg, Bourg
- Gründungsjahr: um 1800
- Rebsorten: Merlot, Malbec
- Terroir: Kalk, Ton, Lehm
- Stil: Kraft, Finesse und eine delikate Toastwürze in einem Rotwein zu vereinen, ist eine seltene Kunst. Louis Meneuvrier gelingt sie meisterhaft, was umso erstaunlicher ist, da seine Gewächse von der als bisweilen allzu weich geltende Rebsorte Merlot geprägt sind. Dass sie neben einer satten Fruchtfülle auch eine rauchig anmutende Würze besitzen, ist einerseits dem Einsatz der gerbstoffreichen Varietät Malbec in den Cuvées zu verdanken und anderseits dem feinen Händchen, das Meneuvrier beim Ausbau seiner Weine in kleinen Eichenholzfässern besitzt.
- Produktion: ca. 10.000 Fl./Jahr
- Besonderheit: Obwohl Louis‘ Vater, Didier, die Verantwortung für Keller und Weinberg an seinen Sohn abgegeben hat, ist der Ruhestand seine Sache noch lange nicht. Seine Wein-Leidenschaft gilt einer kleinen namenlosen Parzelle mit über 80-jährigen Merlot- und Malbec-Reben, aus deren Trauben Didier eine homöopathische Menge eines außergewöhnlich feinsinnigen Côtes de Bourg keltert. Den Wein benannte er nach seiner Tochter Marguerite und stellte ihm das Wörtchen Clos voran. Der Wein ist eine klassische Schönheit.